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Maximilian Rabus
Die Zukunft von Drupal: 8.8, 9 and beyond

Vorsicht "angestaubt"!

Dieser Artikel ist bereits etwas in die Jahre gekommen und enthält möglicherweise Informationen, die nicht mehr dem aktuellen Stand des Themas entsprechen.

2019 fand vom 28. bis zum 31. Oktober die DrupalCon zum mittlerweile dritten Mal in Amsterdam statt. Wie üblich für eines der größten Community-Events der Drupal-Gemeinde, gab es neben regem Austausch und dutzenden von spannenden Vorträgen und Diskussionen auch einen Ausblick auf die Zukunft von Drupal. Dieser Ausblick fand im Rahmen der Driesnote, der traditionellen Keynote des Drupal Gründers Dries Buytaert, statt und behandelte neben dem kommenden Drupal-Update 8.8 auch das nächste große Versions-Update Drupal 9 sowie die Zukunft von Drupal allgemein.

Drupal 8.8

Begonnen wurde die Präsentation mit einem Blick auf den kommenden Feature-Release 8.8, der am 3. Dezember erscheinen soll. Da Drupal 8.8 das letzte Feature-Release vor Drupal 9 darstellt, wurde der Ausblick verknüpft mit den bisherigen Fortschritten, die in Drupal 8 erzielt wurden.

In Drupal 8 gibt es sogenannte “Strategic tracks”, strategische Ziele, die sich für diese Major Version gesteckt wurden:

  • “Make Drupal easy to evaluate and adopt”

  • “Make Drupal easy for content creators and site builders”

  • “Reduce the total cost of ownership for developers and site owners”

  • “Keep Drupal relevant and impactful”

Diese strategischen Ziele teilen sich jeweils in Initiativen (insgesamt 13) auf, in deren Rahmen die Umsetzung einzelner Teilziele erfolgt.

Die aktuelle “Roadmap” für Drupal 8

Während der Präsentation in Amsterdam ging Dries auf die wichtigsten Punkte und Fortschritte von drei dieser strategischen Ziele allgemein und im Zusammenhang mit kommenden Änderungen in Drupal 8.8 ein:

“Make Drupal easy for content creators and site builders”

Die Ergebnisse der einzelnen Initiativen dieses strategischen Ziels hatten vor allem zum Ziel, die alltägliche Arbeit von Benutzern, die keine Entwickler sind, zu erleichtern und diesen gleichzeitig neue Features an die Hand geben.

Erstes Gesprächsthema war die Media-Initiative, die angelehnt an das Contrib-Modul Media ein eigenes Media-Modul in den Core einbringen wollte, welches die Verwaltung von Dateien jeder Art zugänglicher und einheitlicher gestalten sollte.

Schon in Drupal 8.7 gab es eine erste Version des Media-Moduls als Teil des Cores, die jetzt in der Version 8.8 finalisiert und damit die Fertigstellung dieser Initiative markieren soll. Neue Features in 8.8 stellen die Unterstützung für Audio- und Video-Dateien sowie die einfache Einbindung beliebiger Dateien in einen WYSIWYG-Editor dar.

Eine zweite Initiative dieses strategischen Ziels setzt sich mit dem mittlerweile etwas altbacken wirkenden Design des Backends auseinander und entwickelt aktuell ein komplett neues Administrations-Theme namens Claro welches das bisherige Theme Bartik ablösen soll. Aktuell ist geplant, das neue Theme zusammen mit Drupal 9 zu veröffentlichen.

Ein Screenshot des neuen Backend-Themes Claro

Die anderen Initiativen “Workflow” und “Layout” wurden nicht erwähnt, da sie schon an anderer Stelle behandelt wurden. Gerade im Bereich “Layout” wurden aber mit dem “Layout-Builder”, einem neuen Core-Modul welches eine vereinfachte Lösung für die Erstellung und Anordnung von Inhalten darstellt, große Fortschritte gemacht. Weitere Informationen zum “Layout Builder” lassen sich hier nachlesen: https://www.drupal.org/docs/8/core/modules/layout-builder.

“Reduce total cost of ownership for developers and site owners”

Die Prämisse dieses strategischen Ziels ist es, die Kosten für Entwickler und Besitzer von Drupal-Seiten zu verringern. Mit Kosten ist hier eher indirekt Geld gemeint, da die Initiativen sich zu einem Großteil mit Zeitersparnissen beim Aufsetzen und Betrieb von Drupal-Seiten beschäftigen. Erreicht werden diese Zeitersparnisse vor allem durch die Vereinfachung bestehender regelmäßiger Prozesse, die Entwickler oder Betreiber von Drupal-Seiten durchführen müssen.

Im Zuge dessen gibt es z. B. ein neues Feature in Drupal 8.8, welches den Ausschluss von bestimmten Modulen bei der Konfigurations-Synchronisation ermöglicht und so das Ziel hat, die Aufwände für diese Tätigkeit reduzieren zu können.

Eine weitere Initiative hat sich das Ziel gesteckt, das oft zeitaufwendige Aktualisieren von Modulen, deren Abhängigkeiten und Drupal selbst zu vereinfachen. Erreicht werden soll dies durch ein noch experimentelles Modul namens “Automatic Updates”. Die Vision des Teams hinter dieser Initiative ist es, auf Knopfdruck alle Core- und Contrib- Updates unter Berücksichtigung von Abhängigkeiten durchzuführen. Als Release-Zeitraum für dieses Modul wird aktuell noch grob Drupal 9 angegeben, auch wenn Verspätungen hier durchaus möglich sind.

Composer stellt aktuell den de facto Standard für das Management und Aktualisieren von Modulen und deren Abhängigkeiten dar. Trotzdem gab es bis einschließlich Drupal 8.7 keine hundertprozentig eindeutige Konvention, wie der Composer in Zusammenhang mit Drupal zu verwenden war. Dies führte zu einer großen Anzahl von unterschiedlichen Lösungen, die Anwender von Drupal über die Zeit entwickelten und für ihre Zwecke anpassten.

In Drupal 8.8 soll damit jedoch jetzt Schluss sein. Mit Composer als einem festen Teil des Cores und einer klaren Vorgabe, wie Composer zu verwenden ist, sollen diese spezifischen Lösungen der Vergangenheit angehören und einem klaren Standard weichen.

Zusätzlich kommt mit Drupal 8.8 auch eine vollständige drupal.org Integration für den Composer.

“Keep Drupal relevant and impactful”

Drupal gibt es bereits seit annähernd 20 Jahren. Mit der Evolution des Internets hat sich auch Drupal immer wieder an neue Gegebenheiten anpassen müssen. Um sicherzustellen, dass Drupal auch in Zukunft auf Augenhöhe mit der Konkurrenz und den aktuellen technologischen Fortschritten bleibt, gibt es eine Reihe von Initiativen, die sich dieses Themas annehmen.

Der API First-Ansatz von Drupal im Zusammenhang mit Decoupled- oder Headless-Lösungen spielt dabei eine wichtige Rolle. Webseiten, oder allgemeiner gesagt Systeme im Netz, basieren schon Jahre nicht mehr auf einzelnen Technologien. Stattdessen gewinnen Schnittstellen, die die Anbindung anderer Systeme und Lösungen ermöglichen, immer mehr an Bedeutung. Im Zuge dieses Ansatzes wird es in 8.8 Verbesserungen an der JSON:API geben. Neben einer verbesserten Dokumentation und Performance wird es einen JSON:API Explorer geben, der das Erstellen von URLs für die Datenübertragung über eine UI möglich machen wird. 

Ein Screenshot des neuen JSON:API Explorers

Ein weiterer Schritt, der bereits getätigt wurde, ist die Veröffentlichung eines neuen Feature-Releases alle sechs Monate. Die vergangenen Updates 8.6 und 8.7 sowie bald 8.8 sind und werden alle in einem Abstand von sechs Monaten erscheinen, was für einen stetigen Fluss von neuen Funktionalitäten auf einer vorhersehbaren und regelmäßigen Basis führen soll. Dieser sechsmonatige Rhythmus soll auch nach dem Release von Drupal 9 fortgeführt werden.

Drupal 9

Nachdem der aktuelle Fortschritt der Initiativen in Drupal 8 besprochen war, wanderte der Fokus der Präsentation zum nächsten großen Versions-Update: Drupal 9.

Hier gab es durchaus Redebedarf, denn das aktuell angepeilte Releasedatum ist mit dem 3. Juni 2020 keine 8 Monate mehr entfernt. Ein Thema, was die Betreiber von Drupal-Seiten seit jeher umtreibt, ist das Umsteigen auf eine neue Version, da sich dies in der Vergangenheit immer wieder als ein zeitaufwendiges und kostspieliges Unterfangen erwiesen hat.

Doch glücklicherweise wird mit Drupal 9 damit Schluss sein. Ziel ist es, das Update von Drupal 8 auf 9 nicht komplizierter zu machen als von 8.7 auf 8.8. Ein Knopfdruck oder das Ausführen eines Befehls sollte alles sein, um das Update erfolgreich auszuführen.

Trotzdem gibt es auch hier ein paar Fallstricke zu beachten: Mit Drupal 9 werden eine Reihe von alten Funktionen ausrangiert und nicht mehr funktional sein. Aus diesem Grund lohnt es sich, den eigenen “custom” Code noch einmal unter die Lupe zu nehmen um sicherzustellen, dass dieser auch unter Drupal 9 noch funktionieren wird. Unterstützung erhält man dabei von Modulen wie z. B. Upgrade Status.

Das Gleiche gilt selbstverständlich auch für die Contrib-Module, die teilweise Code enthalten, welcher in Drupal 9 nicht mehr funktional sein wird. Die gute Nachricht hier ist, dass von den Top 200 Contrib-Modulen bereits etwa zwei Drittel mit Drupal 9 kompatibel oder nur geringe Änderungen nötig sind, um diesen Status herzustellen. 

Drupal 9-Kompatibilität der Top 200 Drupal 8 Module

Aktuell ist das klare Ziel, einen Split der Community und damit verbundenen Module wie bei Drupal 7 und 8 zu verhindern und einen möglichst sauberen und vereinheitlichten Weg von Drupal 8 auf 9 zu ermöglichen.

Die Roadmap für Drupal 9

Ähnlich wie für Drupal 8 sollen auch für Drupal 9 mehrere “Strategic tracks” nach dem Vorbild von Drupal 8 definiert werden. Welche das sind, stand zum Zeitpunkt der Präsentation noch nicht fest, doch Dries präsentierte ein paar seiner Ideen, die in Drupal 9 eine Rolle spielen könnten.

“Do more with less”

Dieser Track würde eine Art Fortführung des “Reduce total cost of ownership for developers and site owners”-Tracks sein. Denn auch wenn in Drupal 8 hier große Fortschritte erzielt wurden, ist es nach wie vor ein ausgewiesenes Ziel den Aufwand für Zeit und damit Geld bei der täglichen Nutzung von Drupal zu reduzieren.

Als Beispiel für eine Initiative, die im Rahmen dieses Tracks angegangen werden könnte, wurde z. B. die Einbindung von Drush - ein CLI-Tool mit einer großen Bibliothek von Befehlen für die Arbeit mit Drupal - in den Core genannt.

“Ease of use”

Auch wenn Drupal in den vergangenen Jahren viel dafür getan hat, die Usability und allgemeine Bedienung von Drupal zu verbessern, so sind doch gerade Einsteiger nach wie vor oft überfordert und haben Probleme, sich zurechtzufinden. 

Zu einem ähnlichen Ergebnis kam auch eine UX-Umfrage, die von Acquia durchgeführt wurde. Im Rahmen dieser Umfrage wurden Einsteiger, erfahrene Benutzer und Experten der CMS-Lösungen Drupal, Wordpress, Adobe Experience Manager und Sitecore befragt.

Ein Teil der Umfrage stellte die einzelnen Gruppen vor die Aufgabe, die Attribute “Modern”, “Premium”, “Empowering”, “Clear” und “Would recommend” jeweils positiv oder negativ für ihre jeweilige CMS-Lösung zu bewerten.

Das Ergebnis zeigte, dass bei Wordpress, Adobe Experience Manager und Sitecore die Attribute vor allem von den Einsteigern als positiv bewertet wurde. Je erfahrener die Nutzer jedoch mit ihrer CMS-Lösung waren, desto negativer bewerteten sie diese. Die anfänglich positive Bewertung schwand demnach mit zunehmender Erfahrung der Nutzer.

Bei Drupal wiederum ließ sich der gegenteilige Effekt feststellen. Bewerteten Nutzer Drupal anfangs eher negativ, so zeigte sich eine immer positivere Bewertung mit zunehmender Expertise im Umgang mit dem CMS.

 

Nutzer-Bewertungen unterschiedlicher Erfahrungsgruppen für verschiedene CMS-Lösungen

Die Schlüsse aus dieser Umfrage sind damit eindeutig: Wer den Einstieg in Drupal findet, kann mit einer zunehmend besseren Erfahrung rechnen und wird unter dem Strich auch zufriedener als mit der Konkurrenz sein. Viele finden diesen Einstieg jedoch nicht und lassen Drupal erst einmal frustriert und mit einer negativen Erfahrung zurück. Ziel muss es also sein, gerade für diese Anfänger die Erfahrung zu verbessern - ohne dabei die Experten einzuschränken.

Im Zuge dieser Erkenntnis wurde ein neues Frontend-Theme namens Olivero vorgestellt, welches “hoffentlich” rechtzeitig für Drupal 9 veröffentlicht wird und das mittlerweile etwas angestaubte Bartik-Theme ablösen soll.

Ein Screenshot des neuen Frontend-Themes Olivero

“Open Web”

Aktuell wird ungefähr jede 40. Webseite mit Drupal betrieben. Aus dieser hohen Anzahl von Drupal-Seiten im Netz leitet sich laut Dries eine Verantwortung gegenüber dem Internet und dessen Entwicklung ab.

Im Rahmen dieses “Strategic tracks” sollen Initiativen definiert werden, die diese Entwicklung positiv und mit den Werten für die Open Source und Drupal stehen, beeinflussen soll. Diese Initiativen könnten sich beispielsweise um Datenschutz, Sicherheit und Anonymität im Netz drehen.

“The explosion of content + data”

In den nächsten Jahren werden Milliarden von neuen Nutzern und Geräten dem Internet beitreten. Um sicherzustellen, dass Drupal für dieses massive Wachstum gewappnet ist, ist es wichtig, dass Drupal besser darin wird, größere und diverse Datensätze zu managen und es sich so einfach wie möglich mit anderen Systemen verknüpfen lässt. Drupal darf sich somit nicht länger als reines “Content Repository” verstehen und muss eher eine Rolle als Integrationsplattform annehmen.

Verbesserte oder neue API-Schnittstellen wie z. B. GraphQL könnten hier in Zukunft eine Rolle spielen, um dieses Ziel zu erreichen

“Taker to Maker”

Der abschließende Teil der Präsentation beschäftigte sich mit den Unterschieden zwischen “Maker” und “Taker” und wie diese jeweils das Open-Source-Ökosystem von Drupal beeinflussen. 

Ein “Maker” ist eine Einzelperson oder Organisation, die aktiv contributed und in welcher Form auch immer sich an der Entwicklung eines Open-Source-Projektes beteiligt. Im Gegensatz dazu stehen “Taker”, die sich lediglich der frei verfügbaren Ressource bedienen, ohne etwas zurückzugeben. 

Dries sieht eine der zentralen Herausforderungen - nicht nur von Drupal sondern von Open-Source-Projekten allgemein - darin, möglichst viele der existierenden “Taker” in “Maker” zu konvertieren, um weiter wachsen zu können und ein kompetitives Gleichgewicht gerade unter Agenturen halten zu können. Die genauen Maßnahmen, um diese Konvertierung einzuleiten, stehen noch nicht fest, sie sollen jedoch in den nächsten Wochen und Monaten auf Basis dieser Einleitung diskutiert werden.

Im Folgenden finden Sie ergänzende Links zur kompletten Präsentation auf Youtube und den entsprechenden Präsentationsfolien:

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